Wirtschaftsaussichten: Wende?
Die Inflation hat sowohl in den USA als auch in der Schweiz und in Europa ihren Höhepunkt erreicht. Es sollte daher zu keinen weiteren Leitzinserhöhungen mehr kommen und nach einer Phase der Stabilisierung dürften die Zinsen wieder fallen. Ob es jedoch tatsächlich zu einer Zinssenkung kommen wird, hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung in den einzelnen Regionen ab, die nach wie vor unter den Energiepreisen und den restriktiveren Finanzierungsbedingungen zu leiden haben. Die Fundamentaldaten sehen insgesamt allerdings gut aus, der Arbeitsmarkt erweist sich nach wie vor als dynamisch und die produktiven Investitionen der Unternehmen wie auch der Privatkonsum tragen zur Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft bei. Das für 2023 erwartete Wachstum in der Schweiz dürfte sich auf 0,9 % belaufen, bei einer Jahresinflation von 1,9 %. Für Genf liegen die Erwartungen bei 0,8 % bzw. 1,9 %.


Von der Inflationsbekämpfung zur Unterstützung der Wirtschaft
Die Anstrengungen der Zentralbanken im Kampf gegen die Inflation haben sich letztendlich bezahlt gemacht. Die teils drastischen Leitzinserhöhungen haben die Inflationsraten sowohl in den USA als auch in der Schweiz und in der EU wieder sinken lassen. Dabei verläuft die Entwicklung in Europa etwas weniger günstig als in anderen Regionen, weshalb die EZB ihren Leitzins weiter erhöht. Die US-Notenbank Fed hat das Tempo hingegen bereits gedrosselt und die SNB wird es ihr wohl gleichtun. Eine mögliche Zinssenkung dürfte aufgrund der erforderlichen Kontrolle von Inflation und Lohnwachstum trotz schwächelnder Konjunktur allerdings erst mit etwas Verzögerung erfolgen.
Widerstandsfähige Wirtschaft trotz konjunktureller Abkühlung
Zwar wird das Wirtschaftswachstum insgesamt durch das hohe Zinsniveau und den starken Dollar, die sich beide negativ auf den internationalen Handel auswirken, ausgebremst, woran auch die gesunkenen Rohstoffpreise nichts ändern. Dennoch erweist sich die Schweizer Wirtschaft einmal mehr als widerstandsfähig. Sie wird durch die produktiven Investitionen der Unternehmen und den Konsum der Privathaushalte gestützt, die ihre Konsumfreude trotz (inzwischen eingedämmter) Inflation bewahrt haben. Das lässt sich auch durch den dynamischen Arbeitsmarkt erklären, der sich aufgrund des allmählichen Ausscheidens der Babyboomer aus dem Erwerbsleben ebenfalls im Umbruch befindet.
Langsame Normalisierung der Immobilienpreise
Nach dem starken Anstieg der Immobilienpreise zwischen 2020 und 2021 vor dem Hintergrund der Pandemie, die für eine hohe Nachfrage nach Immobilienanlagen bei historisch tiefen Hypothekarzinsen sorgte, ist nun wieder eine langsame Normalisierung der Preise zu beobachten. Zwar tragen auch die steigenden Hypothekarzinsen zu dieser Entwicklung bei. Sie liegen aber nach wie vor unter dem Niveau von 2019, d. h. vor der Corona-Krise. Ein Anstieg auf Vorkrisenwerte erscheint zudem eher unwahrscheinlich, da die Leerstandsquoten in den einzelnen Regionen (insbesondere in Genf) so tief sind wie nie zuvor. Dies liegt einerseits an der demografischen Entwicklung, die durch die Attraktivität des Landes begünstigt wird, aber auch an der zu geringen Anzahl von Neubauten. Die tiefen Arbeitslosenzahlen sprechen ebenfalls eher gegen eine bevorstehende Immobilienkrise, zumal es sich bei den meisten ausstehenden Hypothekarkrediten (75 %) um Festhypotheken handelt.